Sprechen wir über Eulen - und Diabetes by Sedaris David

Sprechen wir über Eulen - und Diabetes by Sedaris David

Autor:Sedaris, David [Sedaris, David]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blessing
veröffentlicht: 2015-10-25T16:00:00+00:00


Autor, Autor

Wenn es etwas gibt, das stets nach dem gleichen Muster abläuft, so sind das Lesereisen. Meine begannen jedes Mal in einem unabhängigen Buchladen oder der Filiale einer Buchhandelskette und endeten etwa einen Monat später in einem anderen. Die Landschaft jedoch hat sich über die Jahre verändert, und es ist bezeichnend, dass meine jüngste Lesereise im Jahr 2008 in einem Costco-Supermarkt begann und auch endete.

Der erste war in Winston-Salem in North Carolina. Ich verbrachte das Wochenende bei meiner Schwester Lisa und bereitete mich auf sechs Wochen unterwegs vor, als ihr Mann Bob sagte, er brauche Glühbirnen. »Hat wer Lust auf einen Ausflug zum Costco?«, fragte er, und noch bevor er die Schlüssel in der Hand hatte, stand ich hechelnd wie ein Hund neben der Eingangstür.

Wenn man in einer Großstadt lebt, ist es nicht schwer, die großen Einkaufszentren zu meiden. Ihre grelle Beleuchtung und der Gestank nach Gummi und billigem Kunststoff halten mich normalerweise von einem Besuch ab. Allerdings hatte ich bei Costco eine große Auswahl an Schmerzmitteln entdeckt: Anacin, Bayer, Tyrenol. Gleich acht große Pharmakonzerne waren vertreten. Die Tabletten wurden in Tütchen zu je zwei Stück verkauft, die hintereinander zu einer bunten Plakatwand aufgereiht waren. Es sah aus wie das Warenangebot hinter einer Tankstellentheke. Dort würde ein einzelnes Päckchen zwei Dollar kosten, aber hier bekam man die gesamte Auslage – vielleicht hundertfünfzig Portionen – für ganze zwölf Dollar.

Für zu Hause kaufe ich Bufferin oder Ibuprofen in Flaschen, aber auf einer Lesereise brauche ich Päckchen – nicht für mich, sondern als kleine Aufmerksamkeit für die Leute, die zu meinen Lesungen kommen. Unter denjenigen, die Geburtstag oder einen Jahrestag haben, verteile ich immer die Fläschchen mit Shampoo oder Conditioner aus dem Hotel. Aber die Zahl ist begrenzt, und bei einer gut besuchten Lesung steht man schnell mit leeren Händen da.

Erwachsene bekommen etwas bei besonderen Anlässen, aber ein Großteil meiner Geschenke geht an Teenager, einfach deshalb, weil sie gekommen sind. Sie könnten mit allen möglichen Dingen Spaß haben, aber anstatt in einem gestohlenen Wagen Joints zu rauchen oder im Schuppen des Nachbarn schwanger zu werden, haben sie sich in einen Buchladen aufgemacht, um einen Mann in mittleren Jahren lesen zu hören. Und dafür verdienen sie ein Zeichen meiner Dankbarkeit. Das Gute an Schmerzmitteln ist, dass sie wenig wiegen und leicht zu transportieren sind. Obendrein sind sie auch noch nützlich. »Bitte sehr«, sage ich zu einer Sechzehnjährigen. »Steck es in deine Handtasche oder ins Handschuhfach und denk beim nächsten Kater an mich.«

Auf meiner letzten Lesereise waren meine Geschenke ziemlich bescheiden. Ich hatte in Griechenland zwölf Dutzend Sicherheitsnadeln gekauft, die zwar aus dem Ausland stammten, aber nicht viel anders aussahen als die bei uns. Das Gleiche galt für das Pflaster aus Deutschland. Als Bob Costco erwähnte, hatte ich deshalb das Gefühl, alle meine Probleme seien gelöst.

Wie bei jedem anderen Einkaufszentrum in Winston-Salem waren wir in fünfzehn Minuten da und brauchten noch einmal fünfzehn Minuten, bis wir den Parkplatz überquert hatten. So riesig das Gebäude von außen wirkte, drinnen war es doppelt so groß, die Art von Raum mit einem eigenen Wetter.



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